Sonntag, 11. Juli 2010
Paradies der Träume
(überarbeitete Version)

Es ist dämmrig in der Steppe, wenn man den Ort so nennen darf. Es ist ein Ort, der nicht existiert. Er ist eine Art Zwischenwelt. Es existieren keine Sonnen, es existiert kein wirkliches Licht. Es ist einfach schummrig und die Umgebung scheint mit einem gräulichem Ton überdeckt zu sein. Hier treffen Träume und Gedanken aufeinander. Diese Welt ändert sich ständig. So wie in diesem Moment. Die trockene Erde bricht auf und es wächst ein Baum, dessen wenige Blätter gelblich gefärbt sind und dessen Stamm sich von der Umgebung kaum abhebt.
Gedanken und Träume treten hier auf, sobald sie entstehen. Sie können alles und nichts sein und doch gibt es keinen Augenblick, in dem dieser Ort ohne Substanz ist.

Die Luft um den Baum flirrt und ein Wesen taucht auf. Zunächst bewegt es sich auf vier samtweichen Katzenpfoten. Doch nach kurzer Zeit richtet es sich auf und wandelt seine Gestalt in die einer Katzenfrau. Hinter ihr erscheint noch ein zweites Wesen. Es strahlt weniger Ruhe aus. Die Frau dreht sich um und betrachtet das Wesen, welches noch am Boden kauert. „Ich habe dich erwartet.“ Ihre Stimme klingt erinnert an die einer Sängerin aus Tausend und einer Nacht. Sie macht einen Schritt auf das andere Wesen zu. Aufgeschreckt durch die Stimme, richtet dieses sich auf. Sein Fell leuchtet in der Einöde in braunen orangen Tönen. „Was ist das hier? Und warum bin ich hier.“ bringt das Tier in knurrenden Lauten hervor. Die Anthrofrau geht an ihm vorbei und umrundet den Baum. Sie lächelt. „Sag mir nicht, du kennst diesen Ort nicht. Vielleicht wirst du ihn nicht sofort wieder erkennen, da er in deiner Fantasie sicherlich anders aussieht. Es ist der Ort der Fantasie. Es ist mein Ort der Fantasie.“ Sie streicht über den Baumstamm und sofort wächst eine Ranke aus dem Boden und erklimmt den Stamm. Die Pflanze erstrahlt in einem saftigen Grün. „Warum sind wir hier? Warum hast du mich mitgenommen?“ „Ich will dir meine Welt zeigen. Ich will das du verstehst, warum sie so wichtig für mich ist. Nur so können wir in der Wirklichkeit Frieden finden.“ Das Wesen verwandelt sich in einen Mann, welcher kaum größer ist, als die Frau als er sich aufrichtet. Er fängt an zu lachen. „Du willst mir deine Fantasie zeigen? Hier ist doch nichts. Und was hat das mit unserem Frieden zu tun? Glaubst du, ich werde mich daran erinnern, wenn ich aufwache?“ Ihr Schwanz fängt an zu zucken und sie macht einen schnellen Schritt auf ihn zu, ohne ihn zu berühren. Aus ihrer Kehle kommt ein knurrendes Geräusch. „Täusche dich nicht und präge dir alles gut ein, denn es wird dich vielleicht verfolgen. Es ist mein Traum und meine Welt und ich kann mit dir hier alles anstellen was ich will, du solltest also deine Zunge hüten.“ In ihren Augen liegt ein Funkeln. Vielleicht war diese Drohung zu hart, denkt sie bei sich. Sie dreht sich von ihm ab. „Du hast es noch nie verstanden, warum meine Welt so anders ist als deine. Ich wollte sie dir zeigen, aber du bist stur, du bist ein Dickkopf, den ich nicht erreichen kann. Anscheinend nicht einmal in meiner Fantasie.“

Ohne Vorwarnung tut sich vor ihr der Boden auf und es entsteht ein weites Tal, durch welches ein Fluss strömt und in dem Bäume wachsen. Es kommt ein Wind auf, der über sie hinweg weht und ihr Fell durchfährt. Er tritt neben sie. „Hast du das erschaffen?“ „Ja und es ist eine der einfachsten Dinge die ich hervorbringen kann.“ Sie streckt ihre Pfote aus, auf der nach kurzer Zeit ein Schmetterling landet. Kurz darauf fliegt er davon und bei jedem Flügelschlag, scheint es als fielen Blumen vom Himmeln, welche auf dem Boden weiter wachsen. Innerhalb von Sekunden stehen die beiden Katzen in einem Blumenmeer. „Du siehst ich kann ein Paradies erschaffen.“ Sie dreht sich zu ihm um. „Ich kann dein Paradies erschaffen, wenn du nur willst.“ Doch er lächelt nicht. Stattdessen verschwimmt seine Statur, bis er nicht mehr zu sehen ist. Alles löst sich auf und zurück bleibt nur ein Traum, denn der nächste Morgen hat begonnen.